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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 19.09.2005
Aktenzeichen: 2 Ta 189/05
Rechtsgebiete: GVG, ArbGG
Vorschriften:
GVG § 17 | |
GVG § 17a | |
ArbGG § 2 Abs. 1 Ziff. 3 |
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss
Aktenzeichen: 2 Ta 189/05
Im Beschwerdeverfahren
betr. Rechtsweg
in dem Rechtsstreit
hat die II. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 19.09.2005 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzende beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Rechtswegbeschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 21.04.2005 - 5 Ca 2700 c/04 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Wert: 7.952,34 EUR
Gründe:
I.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Beklagte gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts, mit der dieses den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bejaht hat.
Die Beklagte ist ein Software-Unternehmen. Die Klägerin war dort als Fachinformatikerin vom 13.10.2003 bis zum 11.03.2004 beschäftigt. Mit der Klage vom 12.10.2004 fordert die Klägerin für die Monate Januar bis März 2004 insgesamt eine Vergütung von 7.952,34 Euro.
Zwischen den Parteien war ein so genannter "Freier Mitarbeitervertrag" abgeschlossen.
In § 1 Abs. 2 dieses Vertrags heißt es:
"Der freie Mitarbeiter ist in der Bestimmung seines Arbeitsortes, seiner Arbeitszeit, sowie seines Urlaubs frei."
§ 2 Abs. 1 des Vertrags lautet:
"Der freie Mitarbeiter erhält für seine Tätigkeit eine Vergütung, die in einem jeweiligen Einzelauftrag festgelegt wird. Die Vergütung wird monatlich am Ende eines jeden Monats abgerechnet und ist 14 Tage nach Rechnungsstellung durch den freien Mitarbeiter zur Zahlung fällig. Steuern und Sozialversicherungsbeiträge führt der freie Mitarbeiter selbst ab."
§ 6 des Vertrags lautet:
"Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich, während der Laufzeit dieses Vertrages nicht für Unternehmen tätig zu sein, die im direkten Wettbewerb zur M. stehen."
Die Klägerin wurde im Zeitraum von Oktober 2003 bis März 2004 zusammen mit mindestens weiteren sieben Mitarbeitern der Beklagten für ein Projekt eingesetzt. Den Auftrag zu diesem Projekt hatte die D. L. an eine dritte Firma vergeben, die wiederum einen Teilbereich des Gesamtprojekts an die Beklagte als Subunternehmerin vergeben hatte. Es sollten ein Web-Shop und eine dazugehörige Datenbank programmiert werden.
Das Projekt wurde in K., in Räumlichkeiten der L. bearbeitet. Dazu arbeitete die Klägerin fünf Tage in der Woche in K.. Die Tätigkeiten wurden in den Büroräumen der D. L. an PC's, die von dieser gestellt wurden, ausgeführt. Die Arbeitszeit der Klägerin wurde von den in den Büroräumen der L. vorgegebenen Dienstzeiten bestimmt, das heißt, die Klägerin arbeitete in dem vorgegebenen Zeitrahmen von 8.00 bis 18.00 Uhr. Es wurden auch teilweise von der Beklagten Mehrarbeitsstunden angeordnet, so dass die Mitarbeiter dann über die vorgegebenen Bürozeiten hinaus arbeiteten.
Die Programmiertätigkeiten an dem Projekt waren aufgrund des großen Umfangs der Aufgabe nicht von einem Mitarbeiter allein zu bewältigen. Deshalb koordinierte die Beklagte die Zusammenarbeit ihrer in K. beschäftigten Mitarbeiter, indem sie am Anfang der jeweiligen Kalenderwoche per E-Mail die Zuteilung der Aufgaben an die Mitarbeiter bekannt gab. Jedem Mitarbeiter wurden die von diesem zu erledigenden Arbeiten mitgeteilt. Dabei setzte die Beklagte einen Zeitrahmen für die zugeteilten Tätigkeiten fest. Die Bezahlung der Mitarbeiter der Beklagten erfolgte nach einem festen Stundensatz, wobei streitig ist, ob die Beklagte ein Stundenkontingent vorgegeben hatte oder die Stunden nach tatsächlichem Anfall bezahlte.
Die Klägerin war einer anderen Mitarbeiterin der Beklagten direkt unterstellt und hat auch deren Anweisungen befolgt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsgericht sei zuständig, weil zwischen den Parteien ein Dienstverhältnis zustande gekommen sei. Ihre Arbeit sei von der Beklagten nach den tatsächlich gearbeiteten Stunden vergütet worden. Die Beklagte hat hingegen die Auffassung vertreten, es ergebe sich aus dem abgeschlossenen "freien Mitarbeitervertrag", dass ein Werkvertrag vorliege. Sie, die Beklagte, schulde gegenüber den Auftraggebern eine Werkleistung. Auch ihre Mitarbeiter schuldeten ihr gegenüber deshalb eine Werkleistung. Dem stehe die Festlegung des Arbeitsortes nicht entgegen. Die Arbeitszeiten seien nicht aufgrund einer Weisungsbefugnis der Beklagten festgelegt, sondern folgten aus den in den Räumen der Auftraggeberin vorgegebenen Kernzeiten. Die Klägerin sei frei gewesen, zu entscheiden, ob sie in dem Projekt überhaupt tätig werden wollte. Die Klägerin sei nach einem festgelegten Stundenkontingent, nicht aber nach einem Stundensatz vergütet worden. Das Stundenkontingent sei mit einem Stundensatz vergütet worden, woraus sich ein Fixbetrag ergeben habe. Mehrarbeit sei nicht vergütet worden.
Mit dem Beschluss vom 21.04.2005, auf den hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bejaht. Gegen diesen der Beklagten am 04.06.2005 zugestellten Beschluss hat diese am 20.06.2005 sofortige Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
II.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten hat nicht Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für gegeben angesehen.
Gemäß § 2 Abs. 1 Ziff. 3 ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Im konkreten Fall ist das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien zu bejahen. Ohne Bedeutung ist, wie die Parteien ihr Vertragsverhältnis bezeichnet haben. Der Status des Beschäftigten richtet sich nach der tatsächlichen Durchführung des Vertrages (BAG Urt. v. 23.04.1980 - 5 AZR 426/79 - AP Nr. 34 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAG Urt. v. 13.01.1983 AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAG Urt. v. 27.03.1991 - 5 AZR 194/90 - AP Nr. 53 zu § 611 BGB Abhängigkeit; BAG Urt. v. 30.10.1991 - 7 AZR 19/91 - AP Nr. 59 zu § 611 BGB Abhängigkeit), worauf das Arbeitsgericht in dem Nichtabhilfebeschluss zutreffend hingewiesen hat.
Die Tätigkeit der Klägerin für die Beklagte ist als Dienst-, nicht als Werkvertrag einzuordnen. Zu unterscheiden ist zwischen den Aufträgen, die der Beklagten selbst erteilt worden waren und den von der Klägerin durchzuführenden Tätigkeiten. Ohne Bedeutung für die Entscheidung ist, ob die Beklagte ihrerseits einen Werkvertrag zu erfüllen hatte. Die Klägerin jedenfalls schuldete, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht ein Ergebnis, sondern die Leistung von Diensten. Sie arbeitete zusammen mit anderen Mitarbeitern der Beklagten an einem gemeinsamen Projekt. Die Beklagte wies den Mitarbeitern die einzelnen Aufgaben zu und koordinierte deren Zusammenarbeit. Dabei basierte die Zusammenarbeit der verschiedenen Mitarbeiter nicht auf deren freien Entschluss zur gemeinsamen Schaffung eines Gesamtwerkes, sondern allein auf den Anweisungen der Beklagten. Im Rahmen dieser Anweisungen erbrachte die Klägerin die von ihr geforderten Tätigkeiten. Die Projekte der Beklagten ließen sich nur in der Zusammenarbeit mit den anderen "freien Mitarbeitern" verwirklichen. Nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin isoliert ein einzelnes Produkt hätte fertig stellen können. Die Klägerin hätte das Projekt Webshop mit dazugehöriger Datenbank nicht alleine bewältigen können. Welches getrennte Werk die Klägerin nach Auffassung der Beklagten hätte erstellen sollen, ist nicht dargelegt.
Soweit die Beklagte darauf abhebt, dass die Klägerin entscheiden konnte, ob sie bei dem Projekt überhaupt mitarbeiten wollte, reicht dies nicht aus, um ein freies Mitarbeiterverhältnis zu bejahen. Jeder Arbeitnehmer muss sich entscheiden, ob er überhaupt ein Vertragsverhältnis eingehen will. Ist diese erste Vorentscheidung getroffen, so ist er im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses gehalten, die ihm erteilten Weisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Anders verhält es sich auch hier nicht. Die Klägerin konnte weder ihre einzelnen Aufgaben bestimmen noch konnte sie ihre Arbeitszeit oder gar den Arbeitsort frei wählen. Sie war einer anderen Mitarbeiterin unterstellt und befolgte deren Anweisungen.
Schließlich kann auch nicht darauf abgestellt werden, dass der Klägerin ein bestimmtes Stundenkontingent zugestanden hatte. Dies bewirkt nicht, dass die Klägerin frei von Weisungen der Beklagten eingesetzt wurde und tätig war. Maßgeblich für die Einordnung des Rechtsverhältnisses der Parteien ist vielmehr die Einbindung in den Betrieb der Beklagten an dem von der Beklagten gewählten und bestimmten Arbeitsort.
Die Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.
Der Wert für das Beschwerdeverfahren ergibt sich unter Berücksichtigung des von der Klägerin geforderten Betrages.
Ende der Entscheidung
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